Aus der Redaktion

Ein As für zwei Buben

In der Chefredaktion der Republik gibt es einen Wechsel: Auf Christof Moser und Constantin Seibt folgt Mark Dittli.

16.06.2018

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Der Sommer kommt. Und mit ihm die Rotation. Mit abnehmender Umdrehungszahl rotiert Folgendes:

  • in den Gewittern Aufwind mit Fallwind,

  • in Ihren Wohnungen die Ventilatoren,

  • in der Republik die Chefredaktion.

Falls Sie vergangenen Dezember an der letzten Veranstaltung vor dem Start dabei waren, werden Sie sich vielleicht erinnern, dass wir Ihnen damals versprachen, eine Jahreszeiten-Chefredaktion zu probieren: mit pro Jahreszeit wechselnder Chefredaktion.

Das Modell wählten wir, um zwei Risiken zu minimieren. 1. Einen guten Kopf im Maschinenraum der Organisation zu verlieren. 2. Einen ungeeigneten Kopf fest auf unsere Schultern zu schrauben.

Wir gaben zu, dass Experten uns vor dieser Idee gewarnt hatten – allein wegen der etwas kurzen Amtszeiten. Und dass wir es trotz Warnung probieren – schlicht, weil wir es probieren wollen. (Aber wir werden das System kaltblütig ändern, wenn es sich nicht bewährt.)

Für die Zeit bis zum Sommer nach dem Start waren gleich zwei Köpfe als Co-Chefredaktoren verantwortlich: Christof Moser und Constantin Seibt.

Dies, weil sie als die zwei Journalisten im Project-R-Gründerteam für Aufbau, Rekrutierung und Planung der Republik verantwortlich waren. Und damit automatisch auch für alle Leute. Und alle Planungsfehler.

Denn wir glauben, dass es ein vernünftiges Prinzip ist, dass die Höllenmaschine zuerst der Professor testen soll, der sie gebaut hat.

Aber jetzt ist es so weit: Die Republik hat ab sofort offiziell einen neuen Chefredaktor: Mark Dittli. Er wird bis im Herbst zusammen mit der Chefin vom Dienst Andrea Arezina die Chefredaktion der Republik bilden.

Der Wechsel erfolgt einen Monat früher als geplant. Das deshalb, weil der Chefjob in einem Start-up ziemlich turbulent ist. Aber auch, weil die Republik – trotz vieler Einzelverspätungen – erstaunlicherweise in der grossen Linie nach Fahrplan gestartet ist.

In der Tat entwickelte sich die junge Republik – zur Überraschung eigentlich aller – in ihrer ersten Phase zu einem typischen Schweizer Produkt: solid im Businessplan, solid (wenn auch noch ein wenig steif) in der Qualität, solid in der Gesamtbilanz. Hier der Stand von Anfang Juni:

Einerseits:

• Das utopische Fernziel von Seibt und Moser, «die erste langweilige Woche in der Republik», wurde klar verpasst.

• Dafür arbeitete das Gesamtsystem trotz tausend Minifehlern erstaunlich fehlerfrei: Die Website funktionierte ohne Absturz, die Redaktion lieferte (nach kollektivem Schreibstau im Dezember) täglich immer wieder nicht Alltägliches, die Verlegerinnen erwiesen sich in ihren Ratschlägen, Mahnungen und in den Debatten als so höfliche wie grossherzige Chefs (tatsächlich als Ladies and Gentlemen – auch wenn die Anrede weiterhin umstritten ist), die Administration und die Buchhaltung lief heldenhaft, also ohne Überraschung.

• Die Serie zum Baukartell zeigte, dass auch von einer vergleichsweise kleinen Plattform eine grosse Wirkung ausgehen kann. Und erstaunlicherweise funktionierte die Republik sogar in Malaysia, wo sie nach dem Regierungswechsel einen politisch einflussreichen Sensationsartikel landete.

• Wir haben erste schüchterne Versuche über den Text hinaus gestartet: mit Podcasts und neuerdings auch mit Fernsehen (und Ex-Fernsehdirektor).

• Die Verlegerschaft und die Abonnentinnen halten sich bei Neuabonnementen rücksichtsvollerweise an den Business-Plan. Seit Anfang Juni sind 21’500 von ihnen an Bord – 6000 mehr als beim Start. (Dabei dachten wir, dass nur eine einzige Voraussage im Geschäftsleben feststeht – die Wirklichkeit hält sich nie an den Businessplan.)

Andererseits:

• Noch nicht zufrieden sind wir damit, dass wir Sie manchmal erschlagen: Es gibt sehr viele lange, sehr viele ernste Texte. So wie eine Prärie, in der nur Elefanten wohnen, aber weder Gazellen noch Erdmännchen.

Entschuldigen Sie. Wir haben uns beim Start gefürchtet, den Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Und haben etwas übertrieben. Lesen Sie einfach, soviel Sie Zeit haben und es Ihnen gefällt.

• Dutzende von kleinen Abläufen fügten sich anfangs noch nicht ineinander. Was dazu führte, dass wir zwar ein gelassenes Hintergrund-Medium machten. Aber das mit einem erstaunlichen Aufwand an Drama und Nachtarbeit.

• Wir arbeiten noch an der Navigation und den oft nervenaufreibenden Log-in-Problemen. Beides ist nicht unkompliziert, aber wir haben Sie gehört. (Der Stand: Eine ebenso intelligente wie einfache Suchfunktion steht kurz vor der Geburt; die App für das Handy dauert noch etwas länger, aber wir sind mit Energie dran.)

• Was die Entwicklung des Produkts betrifft, haben wir noch eine To-do-Liste, lang wie ein Unterarm – vollgeschrieben mit kleinen, grösseren und mittleren Projekten – teils notwenigen, teils faszinierenden.

Sie sehen: eine typisch schweizerische Einerseits-Andererseits-Bilanz.

Damit zur Zukunft. Wäre die Republik ein Kartenspiel, könnte man sagen, dass wir das Bubenpaar gegen das As ausgetauscht haben. Mark Dittli ist für den Job als Chefredaktor bestens qualifiziert:

1. Er wuchs in der Flughafengemeinde Kloten auf. Und hat das Flugbrevet für Einmotorige und Akrobatikflüge. Also bewiesenermassen eine ruhige Hand.

2. Er kennt das Handwerk, denn er war bereits Chefredaktor. Und zwar von 2012 bis 2017 bei «Finanz und Wirtschaft».

Zugegeben: Auch Dittlis Situation ist neu. In einer Institution wie «Finanz und Wirtschaft» ist die grösste Herausforderung, etwas zu ändern. Man muss mit List, Geduld und Vorschlaghammer arbeiten. Bei einem Start-up wie der Republik hingegen ändert sich alles andauernd, leider meist wie von selbst. Die Herausforderung der Chefredaktion gleicht der, eine Flüssigkeit zu bändigen: also die Abläufe, Regeln, Traditionen festzulegen, die dann später wieder bekämpft werden müssen.

Dazu braucht man List, Geduld und einen Vorschlaghammer.

Wir wünschen Mark Dittli dabei einen kühlen und regnerischen Sommer! (Kühl und regnerisch ist a) der Arbeitsdisziplin förderlich, b) das bei weitem fruchtbarere Wetter für Neuabonnemente.)

Fragt man die neue Chefredaktion von Dittli und Arezina, was die Aufgaben bis zum Herbst seien, nennen sie drei Astronautenziele:

1. Die Rakete ist mit Fauchen und Rütteln gestartet. Jetzt muss der Kurs feingesteuert werden, durch das Zünden diverser Lenkraketen. Eine Top-Priorität ist, den Mix zu verbessern: noch schärfer an die Aktualität heranzugehen, mit kurz und lang abzuwechseln, mehr Bundeshaus, mehr Leben, mehr Leichtigkeit.

2. Das Zünden der Lenkraketen gilt auch für die internen Abläufe, die zum Teil erst grob festgezurrt sind. Wir werden die Mannschaft diesen Sommer an neuralgischen Punkten verstärken: mit Urs Bruderer im Bundeshaus und Katrin Moser in der Produktion. (Und noch ein paar wenigen Leuten anderswo, deren Namen wir noch nicht nennen dürfen.)

3. Inhaltlich wollen wir noch eine weitere grosse Stufe zünden: um publizistisch in das exzentrische Universum der Kultur vorzustossen. Das ist das Thema, das Sie als Verlegerschaft bisher am meisten vermisst haben. Wir arbeiten an einem überzeugenden Paket.

So weit also die Aufgaben der Chefredaktion bis Herbst. Möge die Macht mit ihr sein!

Was die Ex-Chefredaktoren angeht, so werden beide etwas Vernünftiges tun:

• Constantin Seibt wird wieder zurück ins Bergwerk geschickt: als Reporter zum Schreiben.

• Christof Moser macht drei Monate Pause. Diese hat er auch nötig – er ist seit zehn Jahren im Geschirr für ein unabhängiges Medium. Nun braucht er Raum und Zeit für einen frischen Kopf.

Ausserdem macht er für kurze Zeit den ihm letztmöglichen Karriereschritt: Von einem Angestellten wird er nun für drei Monate zu einem unserer 21’500 Chefinnen und Chefs.

Und geniesst damit alle Privilegien. Falls also Sie, Herr Moser, oder einer der anderen 21’499 einen Vorschlag, einen Rat oder einen Auftrag an die neue Chefredaktion haben, schreiben Sie an: kontakt@republik.ch.

Wir werden Ihnen zuhören.

Mit freundlichen Grüssen

Die Crew von Project R und der Republik

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