Was diese Woche wichtig war

Gewichtige Entscheide, gewichtige Leader – und die juristischen Konsequenzen des Mondes

Woche 24/2018 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Michael Kuratli, 15.06.2018

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Bundesstrafgericht verkündet Urteil im Fall der Tamil Tigers

Darum geht es: Am Donnerstag hat das Bundesstrafgericht in Bellinzona das Urteil im Fall der Tamil Tigers in der Schweiz gefällt. Demnach ist das World Tamil Coordinating Committee (WTCC) keine kriminelle Organisation. Das Bundesstrafgericht sprach die 13 Angeklagten im Hauptpunkt, der Finanzierung einer kriminellen Organisation, frei. Schuldsprüche gab es teilweise wegen Betrugs und Urkundenfälschung.

Warum das wichtig ist: Der Prozess in Bellinzona war der grösste in der Geschichte des Bundesstrafgerichts: Acht Jahre ermittelten die Strafverfolger, acht Wochen dauerten die Verhandlungen. Die Bundesanwaltschaft hatte zwölf Tamilen und einem Deutschen vorgeworfen, mit teilweise gefälschten Lohnausweisen unüblich hohe Kredite in der Schweiz aufgenommen und damit die Tamil Tigers auf Sri Lanka finanziert zu haben. Im Zentrum stand die Frage, ob die Tamil Tigers als Befreiungsbewegung oder als kriminelle (Terror-)Organisation zu werten seien. Das Urteil des Bundesstrafgerichts ist eine empfindliche Niederlage für die Bundesanwaltschaft.

Was als Nächstes passiert: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann an das Bundesgericht weitergezogen werden.

Finanzaufsicht veröffentlicht vernichtenden Bericht zu Raiffeisen

Darum geht es: Am Donnerstag veröffentlichte die Eidgenössische Finanzaufsicht (Finma) ihren Bericht zur Untersuchung der Raiffeisen-Gruppe. Der Verwaltungsrat habe sich eine «schwere Verletzung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen» zuschulden kommen lassen.

Warum das wichtig ist: Raiffeisen ist genossenschaftlich organisiert. Während der Ära Vincenz (1999 bis 2015) baute die Bank aus und kaufte Bereiche hinzu, die das schwächelnde Stammgeschäft mit Hypotheken ergänzen sollten. Damit wurde die Bank aber auch komplizierter – und die Kontrollfunktion des Verwaltungsrates versagte offenbar. Die Finma stellte «schwerwiegende Mängel bei der Corporate Governance» fest. Der Verwaltungsrat habe beispielsweise private Interessen Vincenz’ beim Kauf der Firma Investnet nicht überprüft. Zudem habe er Risiken bei Kreditvergaben nicht erkannt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft eröffnete eine Strafuntersuchung gegen Vincenz und einen seiner Geschäftspartner. Aus der dreimonatigen Untersuchungshaft in diesem Fall wurde er erst am Dienstag entlassen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Was als Nächstes geschieht: Raiffeisen arbeitet sich derzeit am Erbe ihres ehemaligen Chefs ab. Die Finma verlangt von Raiffeisen zudem, dass die Bank die Umwandlung von einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft prüfe. Ausserdem muss ihr Verwaltungsrat künftig über «den Verhältnissen des Instituts angemessene Erfahrung im Bereich Compliance» verfügen. Personell wurde der VR zum Teil bereits umbesetzt. Unklar bleibt aber, ob sich Firmenchef Patrik Gisel auf seinem Posten halten kann.

Bündner Parlament setzt PUK zum Baukartell ein

Darum geht es: Der Bündner Grosse Rat beschloss am Mittwoch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zu den Preisabsprachen in der Baubranche. Die Republik-Serie zum Baukartell finden Sie nochmals hier.

Warum das wichtig ist: In der fünfköpfigen Kommission sind alle Parteien des Parlaments vertreten. Nach den Wahlen am vergangenen Wochenende ist dies der Auftakt in eine neue Phase der Aufarbeitung. Neben der Rolle des Tiefbauamtes wird die PUK auch die Verhaftung Adam Quadronis untersuchen, über die noch immer keine Stellungnahme der Polizei vorliegt.

Was als Nächstes geschieht: Mit der Untersuchung sollen offene Fragen zum Verhalten der Verantwortlichen innerhalb der Verwaltung geklärt werden. Für einige der in die Kritik geratenen Personen könnte es ungemütlich werden.

G7-Gipfel endet mit Eklat

Darum geht es: Am Wochenende traf sich die Group of Seven im kanadischen Québec. Trumps aufkommender Handelskrieg überschattete den Gipfel. Der US-Präsident zog letztlich gar seine Unterstützung des Schluss-Communiqués zurück.

Noch in der Defensive: Trump umringt von weiteren Staatschefs am G7-Gipfel in Kanada. Bundeskanzleramt/Twitter/Imago

Warum das wichtig ist: Regelmässig treffen sich die wichtigsten Wirtschaftsmächte des Westens sowie Japan und diskutieren darüber, wie die Welt zu lenken sei. Normalerweise stören Proteste von Globalisierungsgegnerinnen die Veranstaltungen. Diese Rolle übernahm diesmal einer der Teilnehmer selber. Im Zentrum standen die Zölle, welche die USA auf Aluminium und Stahl erheben und die zu Verwerfungen mit den befreundeten Staaten führten. Das Bild des defensiven Trump, von den anderen Staatschefs bedrängt, stürmte die sozialen Medien und wurde minutiös analysiert. Mit einem Tweet stellte Trump, nachdem er früher abgereist war, den ganzen Gipfel infrage. Er fühlte sich von einer Rede des kanadischen Premierministers Justin Trudeau beleidigt und zog sogleich die amerikanische Unterstützung des Schluss-Communiqués zurück – nicht ohne seinerseits Trudeau zu beschimpfen. Die internationalen Reaktionen waren scharf.

Based on Justin’s false statements at his news conference, and the fact that Canada is charging massive Tariffs to our U.S. farmers, workers and companies, I have instructed our U.S. Reps not to endorse the Communique as we look at Tariffs on automobiles flooding the U.S. Market!

Was als Nächstes geschieht: Trump marschiert weiter in Richtung eines Handelskrieges. Auch Kanada reagiert nach der EU mit Gegenzöllen. Die Stimmung unter den beiden Nachbarn ist schlecht. Das wird insbesondere die offenen Diskussionen um die Nafta, das Freihandelsabkommen zwischen Mexiko, Kanada und den USA, erschweren.

Trump trifft Kim in Singapur – ein Gipfel zum Einrahmen

Darum geht es: US-Präsident Trump und der nordkoreanische Staatsführer Kim Jong-un trafen sich vergangenen Dienstag nach langem Hin und Her in Singapur. Der Gipfel wird vorsichtig als Erfolg gewertet – für Kim.

Warum das wichtig ist: Nordkorea erlangte unter dem jungen Kim Jong-un die Fähigkeit, Atombomben herzustellen. Diese Tatsache, gepaart mit der ungestümen Natur des amerikanischen Präsidenten, erwies sich im letzten Jahr als explosives Gemisch – mit Drohungen und Anschuldigungen von beiden Seiten. Der Gipfel verschafft Kim nun die ersehnte Anerkennung, die dem nordkoreanischen Regime bisher verweigert blieb. Alles schien perfekt: Die Fahnen beider Länder standen beim starken Händedruck stramm Spalier. Das Weisse Haus zeigte sogar ein wenig unfreiwilligen Humor zu dem speziellen Anlass. In einem fiktiven Filmtrailer, den Trump Kim am Gipfel zeigte, werden die beiden als Helden ihrer Zeit und Trump als «die Hand des Friedens» glorifiziert. Parodien, unter anderem der «New York Times» («Totalitärer Kitsch!»), liessen nicht lange auf sich warten.

Dies ist ein Youtube-Video. Wenn Sie das Video abspielen, kann Youtube Sie tracken.
Trump-Kim summit: US video promises 'a new world' for Kim Jong Un and North Korea

Zurück zur Vereinbarung: Die beiden Staatschefs einigten sich auf eine Abrüstung des Atomarsenals Nordkoreas und die Bemühung um Frieden auf der koreanischen Halbinsel, jedoch ohne konkrete Zugeständnisse vonseiten Nordkoreas. Trump andererseits kündigte nach dem Gipfel an, die gemeinsam mit Südkorea durchgeführten Militärmanöver zu beenden. Diese Kriegsspiele waren Kim schon lange ein Dorn im Auge.

Was als Nächstes geschieht: Normalerweise sind Gipfeltreffen zwischen Staatsoberhäuptern der Abschluss eines lange verhandelten Übereinkommens. Nicht so bei Trump und Kim. Die Verhandlungen zur Abrüstung und der dauerhaften Befriedung Koreas fangen erst gerade an. Derweil fragt man sich auf der ganzen Welt, was vom Gipfel wirklich bleiben wird.

Zum Schluss: Baukartell extended (eine Ausweitung)

Wir wollen offenlassen, ob Länder mit Berggebieten besonders anfällig für Baukartelle sind. Es könnte auch Zufall sein, dass uns mit Österreich nun neben Bergen auch Preisabsprachen im Baugeschäft verbinden. Laut der österreichischen Staatsanwaltschaft werden derzeit Untersuchungen gegen 220 Beschuldigte geführt, darunter 60 Firmen. In mehr als 350 Vergabeverfahren sollen Preisabsprachen stattgefunden haben. Die Abklärungen umfassen fünf Bundesländer, im Zentrum stehen Kärnten, Steiermark und Niederösterreich.

Zum Schluss: Wem gehört der Mond? (Nur kurz)

Wirbelt immer noch eine Menge Staub auf: Die amerikanische Flagge auf dem Mond, aufgestellt von Neil Armstrong und Buzz Aldrin. Nasa/Ullstein/Getty Images

Die Weltgemeinschaft wird eines Tages darüber streiten: 1969 rammte Neil Armstrong ohne Klärung der Besitzverhältnisse die amerikanische Flagge im Stile der europäischen Kolonialherren in den Boden des Mondes. Bis zum nächsten bemannten Flug auf den Erdtrabanten sollen noch ein paar Jahre vergehen, die Besitzfrage kann also weiterhin ausgeklammert werden. Einen Vorgeschmack auf kommende juristische Auseinandersetzungen lieferte uns diese Woche aber die Amerikanerin Laura Murray Cicco. Sie verklagte die Nasa vorsorglich, um sich den legalen Besitz eines Kleinods zu sichern: Als Kind hatte ihr Neil Armstrong eine Ampulle mit Staub in die Hand gedrückt – Staub vom Mond. Die amerikanische Raumfahrt-Behörde erhebt jedoch Anspruch auf jegliches auf die Erde gebrachtes Mondmaterial – damit wäre sie die Eigentümerin des Pülverchens. Armstrong hätte sich seine lunare Landnahme wohl noch einmal überlegt, hätte er geahnt, was für juristische Konsequenzen eine Handvoll Staub haben kann.

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