Was diese Woche wichtig war

Beschuldigungen zum Kartell, eine Anfrage zu Mario Fehr – und eine Frage der Pietät

Woche 17/2018 – das Kurzbriefing aus der Republik-Redaktion.

Von Ihrem Expeditionsteam, 27.04.2018

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Weko beschuldigt Baumeisterverband – Baumeisterverband beschuldigt Republik

Darum geht es: Die Wettbewerbskommission (Weko) hat gestern Donnerstag die neuesten Untersuchungsergebnisse zum Bündner Baukartell verkündet. Nebst Bussen in Millionenhöhe für die involvierten Unternehmen auferlegt die Behörde dem Graubündnerischen Baumeisterverband (GBV) Verfahrenskosten, «da er zum Teil an der Organisation dieser Kartelle beteiligt war».

Warum das wichtig ist: Bisher hat Andreas Felix, Geschäftsführer des GBV und BDP-Regierungsratskandidat, betont: Der Verband habe nichts von den Absprachen gewusst – die Darstellungen der Republik zum Baukartell seien «Lügengeschichten». An einer Medienkonferenz nach Bekanntwerden der Mitteilung der Weko hält Felix daran fest: Wir haben von nichts gewusst. Und: «Ich bleibe Regierungsrats-Kandidat.»

Was als Nächstes geschieht: Die Kantonsregierung kündigt an, man werde «gegen fehlbare Firmen rechtlich vorgehen». Noch ausstehend: das Ergebnis der grössten Weko-Untersuchung, jene zum Strassenbau im gesamten Kanton. Und am 10. Juni wird in Graubünden gewählt.

Anfrage im Kantonsrat zu Mario Fehr

Darum gehts: Der Zürcher SP-Regierungsrat Mario Fehr besuchte letztes Jahr in Winterthur ein Fussballspiel und wurde danach mit einem Bier übergossen. Die Republik berichtete, wie der Sicherheitsdirektor den Übeltäter monatelang von seiner Kantonspolizei und einem Mitarbeiter der Sicherheitsdirektion suchen liess. Wir kritisierten die Methoden und stellten die Verhältnismässigkeit von Fehrs Vorgehen infrage. Am Montag schilderte Fehr im Kantonsrat seine Sicht der Dinge. Die SVP kritisierte ihn heftig.

Warum das wichtig ist: Es ist umstritten, ob das Vorgehen von Fehr und der Polizei verhältnismässig und rechtmässig war. Mittlerweile erklärte die Kantonspolizei Zürich zwar, dass Fehr einen Strafantrag eingereicht und sie das Antragsdelikt nicht von sich aus verfolgt habe. Ungeklärt ist aber nach wie vor, wann Fehr den für die Ermittlungen nötigen Strafantrag stellte und welche Rolle Fehrs Direktionsmitarbeiter spielte, der Fotos von Verdächtigen machte.

Was als Nächstes geschieht: Die Alternative Liste hat im Kantonsrat eine Anfrage eingereicht, um die Ereignisse klären zu lassen. Sie will unter anderem wissen, warum Fehrs Kapo ermittelte (und nicht die Winterthurer Stadtpolizei) und ob es zutreffe, dass ein Mitarbeiter von Fehrs Direktion mutmasslich in der Öffentlichkeit mögliche Verdächtige fotografierte. Wegen der hängigen Anfrage wollen weder Kantonspolizei noch Fehr Fragen beantworten.

Bundesrat veröffentlicht geheimen Bericht zur Geheimarmee P-26

Darum gehts: Der Bundesrat hat am Mittwoch eine teilweise geschwärzte Version des Cornu-Berichts veröffentlicht. Der damalige Untersuchungsrichter Pierre Cornu hat darin die Beziehungen der 1990 aufgeflogenen und dann aufgelösten Schweizer Geheimarmee P-26 zu ähnlichen Organisationen im Ausland und der Nato untersucht.

Warum das wichtig ist: Die Erkenntnisse des Berichts wurden nach seiner Fertigstellung 1991 bereits kommuniziert, grundlegende Neuheiten enthält er also nicht. Cornu fand demnach nicht genügend Beweise für Verbindungen der P-26 zur Nato oder zu anderen Geheimarmeen. Er hielt aber fest, dass einige Punkte auch dafür sprachen, wie zum Beispiel die Organisationsstrukturen anderer Geheimarmeen, denn da bestünden «Ähnlichkeiten, die nicht auf blossem Zufall beruhen könnten». Bestätigt wurde aber erneut die Verbindung der P-26 zum britischen Nachrichtendienst. Der Bundesrat hat sich zur Veröffentlichung des Berichts entschieden, um «zur historischen und politischen Aufarbeitung der Fragen rund um die Organisation P-26» beizutragen. Der Cornu-Bericht ist übrigens jener, dessen Handakten seit ein paar Monaten nicht mehr auffindbar sind.

Was als Nächstes passiert: Die Geheimhaltungsfrist des vollständigen Berichts läuft erst 2041 aus und ist ab dann frei einsehbar. Ob die fehlenden Dokumente bis dann aufgetaucht sind und welche Berichte dann noch vorhanden sind, wird sich weisen.

Massive Korruption im Europarat

Darum gehts: Im Europarat in Strassburg gibt es Hinweise auf massive und systematische Korruption. Das hat ein am Sonntag veröffentlichter Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission ergeben. Demnach sind in den letzten 15 Jahren zwischen dem Staat Aserbeidschan und Mitgliedern der parlamentarischen Versammlung des Europarats mehrere Millionen Euro Schmiergelder geflossen, die Rede ist von «Kaviardiplomatie». So verhinderte Aserbeidschan angeblich kritische Berichte über Menschenrechts-Verletzungen und Wahlfälschungen.

Warum das wichtig ist: Der Europarat gilt als Hüter der Menschenrechte, der Transparenz und der Fairness in Europa. Dass ein solches Gremium bei der Annahme von Geschenken ein besonderes Mass an Sorgfalt walten lässt, liegt eigentlich auf der Hand, auch wenn der eine oder andere Verstoss aus Versehen oder Dummheit erfolgt ist. Doch laut Bericht wurde nicht nur diese Sorgfalt verletzt, nein, mehrere Mitglieder des Rates liessen sich wohl tatsächlich bestechen. Im Zentrum der Vorwürfe stehen über ein Dutzend Parlamentarier. Dass im Europarat ab und an geschmiert wird, ist schon länger ein Problem. Der ehemalige Präsident, Pedro Agramunt, musste unter dem Druck einer Untersuchung zurücktreten, um nicht abgewählt zu werden. Der italienische Christdemokrat Luca Volontè soll Bestechungsgelder in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro angenommen haben, der frühere CSU-Politiker Eduard Lintner über 800’000 Euro. Auch Mitglieder der Schweizer Delegation im Europarat berichten von Bestechungsversuchen.  

Was als Nächstes passiert: Die Reglementskommission des Europarats muss nun darüber befinden, ob die verdächtigten Parlamentarier vom Ratsbetrieb ausgeschlossen werden. In mehreren Fällen wurden überdies bereits nationale Staatsanwaltschaften eingeschaltet, welche die Vorwürfe untersuchen.

EU-Kommission will künstliche Intelligenz fördern

Darum gehts: Die EU-Kommission will die Entwicklung künstlicher Intelligenz in Europa fördern, um im Wettbewerb mit China und den USA bestehen zu können. Das schreibt sie in einem am Mittwoch vorgestellten Strategiepapier. Für diese Entwicklung will die Kommission bis 2020 bis zu 20 Milliarden Euro einsetzen, teils von privaten Quellen finanziert, teils aus Mitteln der EU.

Warum das wichtig ist: Neben der blossen Entwicklung von künstlicher Intelligenz setzt sich die EU auch mit den sozioökonomischen Veränderungen auseinander. Damit meint sie zum Beispiel, dass durch künstliche Intelligenz einerseits neue Arbeitsplätze geschaffen, andererseits aber auch Stellen wegrationalisiert werden. Um die Menschen in der EU auf die gewaltigen Veränderungen vorzubereiten, sollen daher Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten geschaffen oder ausgebaut werden. So plant sie beispielsweise Praktika in digitalen Bereichen für Hochschulstudenten oder die Bildung einer «High-Level-Expertengruppe» mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Was als Nächstes passiert: Die Expertengruppe soll bis Ende Jahr einen Bericht über die Ethiklinien für die Handhabe mit Robotern verfassen.

Zum Schluss: Eine Frage der Pietät (nur kurz)

Letzten Monat wurde der Amerikaner Linus Phillip von der Polizei erschossen. Nach Aussage der Polizisten wollte Phillip sich einer Polizeikontrolle entziehen. Doch die Geschichte endet nicht dort: Auf seiner Beerdigung erschienen zwei Polizisten, die seinen kalten toten Finger benutzten, um sein Handy zu entsperren – ohne Erfolg. Laut einem Experten haben sich die Polizisten innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt. Ob die Aktion verhältnismässig oder angebracht war, ist wohl eine andere Frage.

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