«Ich sehe es als meinen Job, das Image von der muslimischen Frau zu verkomplizieren»: Mona Eltahawy.

«Ich habe mir die Schuldgefühle rausgefickt»

Rote Haare, Tattoos, derbe Sprache und Sex: Auch so sind Musliminnen, sagt Autorin Mona Eltahawy, die weissen Feministinnen vorwirft, dass sie nur für Frauenrechte kämpfen und dabei andere Probleme vergessen.

Von Solmaz Khorsand (Interview) und Tim Georgeson (Bilder), 30.03.2018

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Eine wütende Frau sei sie, sagt Mona Eltahawy. Und sie ist stolz darauf. Die Welt gibt ihr dafür genügend Gründe. Eltahawy ist Journalistin, Aktivistin und Feministin. Geboren in Ägypten, aufgewachsen in England und Saudiarabien, lebt sie heute in New York und Kairo. Sie wurde in den Feminismus «traumatisiert», schreibt sie in ihrem Bestseller «Headscarves and Hymens: Why the Middle East Needs a Sexual Revolution». Darin plädiert die 50-Jährige nicht nur für eine sexuelle Revolution im Nahen Osten, sondern verarbeitet auch ihre Erfahrungen, unter anderen jene auf dem Tahrirplatz in Kairo 2011, als sie über die Proteste gegen das Mubarak-Regime berichtete und von Polizisten misshandelt wurde. Ungeschönt und plastisch schreibt, tweetet und flucht Eltahawy über Tabus, Scham und Doppelmoral. Und sie macht es dezidiert als Muslimin.

Vor knapp einem Monat startete Eltahawy den Hashtag #MosqueMeToo, nachdem eine pakistanische Frau über sexuelle Übergriffe während ihrer Pilgerreise nach Mekka auf Facebook berichtet hatte. Auch Eltahawy wurde als 15-Jährige am heiligsten Ort der Muslime begrapscht. Mit #MosqueMeToo sollten auch andere Frauen ihr Schweigen brechen. Und sie taten es. Tausende Frauen teilten ihre Erfahrungen auf den sozialen Medien. Zum ersten Mal schwappte damit die MeToo-Debatte auch in die muslimischen Communitys weltweit. Zeitgleich initiierte Mona Eltahawy einen weiteren Hashtag: #IBeatMyAssaulter (Ich schlug meinen Angreifer). Auch dieser ging viral. Daneben ein Foto mit Eltahawys Hand in einer Schale voller Eiswürfel.

Tut Ihnen die Hand noch weh, Frau Eltahawy?
Ja schon. Jemanden zu schlagen, tut verdammt weh. Aber das war es mir wert. Ich mache bald einen Selbstverteidigungskurs, damit ich jemanden schlagen kann, ohne mich selbst dabei zu verletzen.

War es das erste Mal, dass Sie einen Mann verprügelt haben?
Das nicht, aber es war das erste Mal, dass ich so massiv zugehauen habe. Das hat ja eine Geschichte.

Wir bitten darum.
In meinen Zwanzigern habe ich angefangen, Männer anzubrüllen, die mich gegen meinen Willen angefasst haben. Später, in meinen Dreissigern und Vierzigern, habe ich sie gestossen, geschubst und angespuckt. Vor fünf Jahren habe ich zum ersten Mal zurückgeschlagen und einen Mann in Kairo dazu gebracht, dass er vor mir wegläuft. Und vor ein paar Wochen habe ich diesen Kerl in einem Club in Montreal verprügelt, der mich von hinten begrapscht hatte. Ich habe sicher 15 Mal auf ihn eingeschlagen. Es war wunderbar. Ich bin so glücklich. Es war sicher einer der stolzesten Momente in meinem Leben.

Warum sind Sie stolz auf diese Prügelattacke?
Ich will mit meiner Erfahrung andere Frauen nicht dazu drängen, rauszugehen und ihre Peiniger zu verprügeln. Ich weiss, wie gefährlich das als Frau sein kann. Aber in diesem Club, da fühlte ich mich sicher genug, mich selbst zu verteidigen und diesen Mann windelweich zu schlagen. Mir ist wichtig, dass Frauen wissen, dass sie ein Recht haben, jene zu schlagen, die sie verletzen.

Weil uns als Mädchen immer eingebläut wurde, bloss nicht handgreiflich zu werden?
Genau. Wir werden als Mädchen nicht dazu sozialisiert, zurückzuschlagen. Wir bringen Mädchen nicht bei, dass sie sich verteidigen können, wenn Männer sie verletzen. Als ich 15 Jahre alt war und begrapscht wurde, habe ich nichts getan. Ich war erstarrt. Jetzt bin ich 50 Jahre alt, und ich schlage zurück.

Mit 15 Jahren wurden Sie auf Ihrer Pilgerreise nach Mekka sexuell belästigt. Zuerst in der Menge, als Sie die Kaaba, das Haus Gottes in der Heiligen Moschee, umkreist haben. Später sogar von einem Polizisten, als Sie die Kaaba küssen wollten.
Ich war wie gelähmt. Ich hatte keine Worte. Du glaubst, dass du sicher bist an diesem magischen und spirituellen Ort, und da fasst dir jemand an den Po und ein anderer an die Brust. Etwas ist in mir damals zerbrochen.

Sabica Khan, eine Muslimin aus Pakistan, hat Ähnliches über ihre Pilgerreise auf Facebook berichtet, woraufhin Sie den Hashtag #MosqueMeToo ins Leben gerufen haben. Seither haben Tausende Frauen ihre Erfahrungen geteilt. Es ist die erste globale Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der muslimischen Community. Warum hat es so lange gedauert?
Es hat so lange gedauert, weil sexuelle Belästigung in konservativen Kulturen tabuisiert wird und mit sehr viel Scham behaftet ist. Wenn sich der Missbrauch an einem heiligen Ort ereignet, wird es umso schwieriger, darüber zu sprechen, egal ob das eine Moschee, eine Kirche oder ein Tempel ist. Ich denke, jetzt ist der Moment gekommen, dass muslimische Communitys weltweit erkennen müssen, was der Preis ist, wenn sie muslimische Frauen mundtot machen. Die Communitys schaden sich so nur selbst.

Sie sagen immer, die Musliminnen sässen in der Klemme. Einerseits können sie nichts sagen, weil sie mit jeder Kritik Rechtspopulisten in ihrer Dämonisierung vom Muslim als Triebtäter in die Hände spielen. Andererseits werden sie von der eigenen Community zum Schweigen gebracht, weil ihre Kritik die Muslime und den Islam in ein schlechtes Licht rücken würde.
Es sind die muslimischen Männer, die unsere Community schlecht aussehen lassen, nicht wir. Es geht in der MeToo-Debatte nicht darum, welche Männer am schlimmsten sind. Sind es die weissen Männer? Die muslimischen Männer? Die schwarzen Männer? Nein, hier geht es um das Patriarchat, und das schützt die Männer, egal welcher Community sie angehören. Nur nutzt jede Community ein gewisses Extra, um ihre Frauen gleichzuschalten und zum Schweigen zu bringen. Die Weissen sagen: Stell deine Rasse über dein Geschlecht. Die Muslime sagen: Stell den Islam über dein Geschlecht. Wenn ich mich zwischen der Community und den Frauen entscheiden müsste, würde ich mich immer für meine Schwestern entscheiden.

Mit 15 Jahren haben Sie niemanden von den Übergriffen in Mekka erzählt. Warum?
Ich konnte es niemanden erzählen. Es war das erste Mal, dass mich ein Mann so angefasst hatte. Ab diesem Zeitpunkt betrachtete ich Männer als Triebtäter, die gefährlich waren und vor denen ich mich verstecken musste. Deswegen begann ich auch, den Hidschab zu tragen.

Als Schutzschild?
Einerseits wollte ich meinen Körper vor den Männern schützen, andererseits war der Hidschab meine «Abmachung» mit Gott. Ich trage das Kopftuch, dafür bewahrst du mich vor all dem Wahnsinn in dieser misogynen Atmosphäre, die mich depressiv macht. Gott hat sich nicht an seinen Teil der Abmachung gehalten.

«Als ich 15 Jahre alt war und begrapscht wurde, habe ich nichts getan. Ich war erstarrt. Jetzt bin ich 50 Jahre alt, und ich schlage zurück.»

Inwiefern?
Ich wurde trotzdem überall begrapscht. Wir haben damals in Saudiarabien gelebt, und obwohl alles in Saudiarabien segregiert ist – vom Kindergarten bis zur Universität –, gibt es doch öffentliche Plätze, wo Männer und Frauen aufeinandertreffen, beispielsweise Märkte. Dort wurde ich immer wieder betatscht. Der Hidschab hat mich nicht beschützt, oh Wunder! Es hat neun Jahre gedauert, bis ich ihn wieder abgelegt habe.

Warum so lange?
Meine Familie wollte es nicht. Hätte ich mit 15 Jahren gar nicht begonnen, das Kopftuch zu tragen, wäre es kein Thema gewesen. Mir wurde beigebracht, dass es besser ist, das Kopftuch gar nicht zu tragen, als es zu tragen und dann abzulegen.

Dabei war Ihre Familie sehr liberal, betonen Sie immer.
In manchen Dingen war sie sehr liberal, in anderen Dingen sehr konservativ. Meine Familie ist das perfekte Beispiel, wofür meine Arbeit heute steht: Wir Muslime sind kein monolithischer Block. In ein und derselben Familie haben Sie jemanden wie mich, der offen über Sex, Sexualität, Queer- und LGTB-Themen spricht, und andere Familienmitglieder, die Homosexualität als Sünde begreifen.

Wie stark haben Ihre Eltern Sie geprägt?
Meine Mutter ist ein grosses feministisches Vorbild für mich. Meine Eltern haben sich in Kairo auf der Medizinuniversität kennengelernt. Es war eine Liebesheirat, keine arrangierte Ehe wie bei anderen. Später haben meine Eltern von der ägyptischen Regierung ein Stipendium bekommen, um in London ihren PhD, ihren Doktor, zu machen. Beide wohlgemerkt. 1975 zogen wir dann wegen ihrer Jobs nach Saudiarabien. Und ich konnte sehen, was dieses Land aus meiner Mutter, dieser starken, selbstbestimmten und unabhängigen Frau, gemacht hat. Da haben Sie eine Frau mit einem Doktortitel in Medizin, und sie darf nicht Auto fahren und kann nirgendwohin ohne ihren Ehemann. Sie selbst hat damals gesagt: Ich fühle mich so, als hätten sie mir die Beine abgeschnitten.

Hat Sie das Leben in Saudiarabien zur Feministin gemacht?
Saudiarabien hat mich zur Frau gemacht, die ich heute bin. Ich war die ganze Zeit Feministin. Ich hatte nur kein Wort dafür. Das Wort «Feminismus» habe ich mit 19 Jahren entdeckt. Und das ausgerechnet in einer Universitätsbibliothek in Saudiarabien. Da waren die Werke von Fatima Mernissi und Huda Shaarawi, Frauen, die mit denselben Erfahrungen und demselben Zwiespalt zu kämpfen hatten wie ich: zwischen dem, was sie sein wollten, und den Erwartungen der Gesellschaft an eine muslimische Frau.

Die muslimische Frau werde auf zwei Dinge reduziert: das Kopftuch und ihr Jungfernhäutchen. Auf das, was sie auf dem Kopf trägt und was zwischen ihren Beinen ist, schreiben Sie in Ihrem Buch «Headscarves and Hymens».
Ich benutze diesen Ausdruck «Headscarves and Hymens» seit zehn Jahren, weil diese zwei Dinge das Leben von muslimischen Frauen dermassen bestimmen. Ich hasse das Konzept «Jungfräulichkeit» und «Jungfernhäutchen». Das sind Ketten, die uns Frauen nicht nur physisch, sondern auch emotional und mental fesseln.

Sie selbst bedauern, dass Sie lange gebraucht haben, um Ihre eigenen Ketten zu sprengen. Sie waren 29 Jahre alt, als Sie das erste Mal Sex hatten.
Das macht mich bis heute traurig. Wenn ich zu meinem jüngeren Selbst sprechen könnte, würde ich sagen: Geniess deinen Körper. Es hat lange gedauert, bis ich darüber sprechen konnte. Und es hat lange gedauert, bis ich schliesslich Sex ausserhalb der Ehe haben konnte. Ich wurde wie viele andere Musliminnen so erzogen: Du darfst nur Sex haben, wenn du verheiratet bist. Meine Eltern haben mich nie dazu gedrängt zu heiraten, aber es war irgendwie immer latent klar, dass ich einmal heiraten werde. Doch ich wollte nicht heiraten, weil ich wusste, dass ich in dieser patriarchalen Welt, in der ich lebte, meine hart erkämpfte Freiheit mit der Ehe hätte aufgeben müssen.

Sie hatten trotzdem Sex – ohne zu heiraten.
Und wie! Ich sage den Leuten immer: Ich habe mir die Schuldgefühle rausgefickt. Ich bin absichtlich derb hier, denn ich will nicht, dass mich irgendwer wegen meiner Geschichte bemitleidet. Und ich hatte sehr viel Sex seit diesem ersten Mal. Meine Botschaft an alle Frauen ist: Egal aus welcher Kultur, Religion oder Erziehung ihr kommt, findet heraus wie, wann und mit wem ihr euren Körper geniessen wollt, weil ihr jedes Recht dazu habt, das so zu tun, wie es euch gefällt, selbstbestimmt und einvernehmlich.

Die sexuelle Revolution ist für Sie auch die Voraussetzung für den Erfolg einer politischen Revolution. Daran machen Sie auch das Scheitern der Proteste in Ägypten 2011 fest. Frauen und Männer haben damals noch Seite an Seite für den Sturz des Diktators Hosni Mubarak gekämpft. Doch dann wurden die Frauen wie Freiwild behandelt. Sie wurden begrapscht und brutal vergewaltigt. Viele trauten sich nicht mehr auf die Strasse.
Wir müssen uns klarmachen: Der Staat unterdrückt uns alle, aber es sind der Staat, die Strasse und das Heim, die uns Frauen unterdrücken. Das ist das Dreieck der Misogynie, mit dem wir Frauen konfrontiert sind. Das ist der Grund, warum eine politische Revolution nie gelingen kann, bevor wir keine sexuelle und soziale Revolution haben.

Doch viele Revolutionäre sagen: Lass uns zuerst alle befreien, irgendwann kümmern wir uns schon um die Frauensache.
Ja, das reicht aber nicht. Der Diktator lebt nämlich nicht nur in den Palästen, er lebt auch in unseren Köpfen.

Wie stürzen wir den Diktator in unserem Kopf?
Mit der Ansage: Mein Körper gehört mir. Die sexuelle Revolution beginnt mit meinem Körper. Ich besitze meinen Körper, nicht der Staat, nicht die Strasse, nicht mein Zuhause, nicht die Kirche, nicht die Moschee, nicht der Tempel. Nur ich. Wenn ich sage: Mein Körper gehört mir, und ich kämpfe gegen häusliche Gewalt, dann ist das ein revolutionärer Akt. Wenn ich sage: Mein Körper gehört mir, und ich kämpfe gegen sexuelle Belästigung auf der Strasse, dann ist das ein revolutionärer Akt. Und wenn ich sage, mein Körper gehört mir, und es ist mein Recht, mit Mann oder/und Frau Sex zu haben, dann ist das ein revolutionärer Akt.

Sind wir der sexuellen Revolution jetzt mit #MeToo und #MosqueMeToo einen Schritt näher? Feministinnen weltweit Seite an Seite für eine bessere Welt?
Es kann ein verbindender Moment für alle sein, aber ich muss schon sagen, dass mich weisse Frauen wahnsinnig machen.

Inwiefern?
Sie kämpfen nur gegen eine Sache, und das ist die Frauenfeindlichkeit. Natürlich tue ich das auch, aber ich kämpfe auch gegen Rassismus, Homophobie, Islamophobie, antiarabische Ressentiments etc. Bei uns anderen Feministinnen geht es um so viel mehr als nur um die Misogynie, während weisse Feministinnen nur das im Auge haben. Es kann ein verbindender Moment sein, aber es ist auch ein Moment, wo ich sage, dass weisser Feminismus die Klappe halten und ein bisschen mehr zuhören sollte.

War Ihr Feminismus immer vereinbar mit Ihrem Glauben?
Das Wichtige an meinem Kampf ist für mich, dass ich ihn als Muslimin kämpfe. Hätte ich damals mit 19 Jahren nicht die Bücher feministischer Musliminnen gelesen, sondern jene von Nichtmusliminnen, wäre meine erste Reaktion gewesen: Eh klar, dass die so denken. Sie machen auch nicht das durch, was ich täglich durchmache als Muslimin, weil sie Atheistinnen, Christinnen, Buddhistinnen, was auch immer sind. Dass muslimische Feministinnen vor mir diese Reise schon angetreten hatten, hat mir geholfen. Diese Frauen hatten meinen kulturellen und religiösen Hintergrund. Und ich erkenne, dass viele junge Frauen das bei mir ähnlich sehen.

Wie reagieren diese jungen Frauen auf Ihren Standpunkt?
Sie sagen: Ich bin zwar noch nicht so weit wie du, aber es hilft mir, von deinen Erfahrungen zu lesen. Ich antworte diesen Frauen dann immer: Ich wurde nicht geboren, um zu sagen: Fuck das Patriarchat. Es hat auch bei mir eine Weile gedauert. Ich will, dass junge Musliminnen sehen, wo ich angefangen habe und wo ich jetzt mit 50 stehe. Ich sehe es als meinen Job, das Image von der muslimischen Frau zu verkomplizieren. Ich will nicht, dass die Muslimin nur die Frau mit Kopftuch ist. Meine Schwester und meine Mutter tragen das Kopftuch. Und das ist ok. Ich will es nicht mehr tragen. Ich will, dass das Image der muslimischen Frau auch jemanden inkludiert mit roten Haaren und Tattoos. Auch das ist eine muslimische Frau.

Sie haben sich die Haare rot gefärbt und sich Tattoos stechen lassen, nachdem Sie 2011 in Kairo von der Polizei festgenommen worden waren. Die Polizisten haben Ihnen beide Arme gebrochen und Sie sexuell misshandelt.
In erster Linie waren meine Haare und meine Tattoos ein Geschenk an mich selbst, dafür, dass ich überlebt habe. In zweiter Linie sind sie politische Botschaften. Damit will ich sagen: Ihr habt mich nicht getötet. Ich bin noch am Leben, und ich verstecke mich nicht. Im Gegenteil. Ich bin zurückgekehrt nach Kairo. Hier bin ich! Am Leben! Mit Tattoos und feuerroten Haaren, fuck you! Natürlich sind zahlreiche Leute dann auf mich zugekommen und haben mir gesagt: Ist es nicht haram (verboten, Anm. der Red.), sich als Muslimin tätowieren zu lassen?

Was war Ihre Antwort darauf?
Fick dich, finde doch selbst heraus, was haram ist und was nicht. Für mich ist es nicht haram.

Ungeschönt und plastisch schreibt, tweetet und flucht Mona Eltahawy über Tabus, Scham und Doppelmoral.

Sie mögen es zu fluchen. Wieder so eine Sache, die das Bild der züchtigen braven Muslimin brechen soll, oder?
Ich liebe es zu fluchen, und ich merke, wie sehr es Männer auf die Palme bringt. Höflich zu sein, bringt dich nirgendwo hin. Höflich zu sein, können sich Leute mit Macht und Privilegien leisten. Ich habe zwar gewisse Privilegien und Macht, aber nicht die Macht des Patriarchats. Ich lehne es ab, jemanden höflich zu behandeln, der rassistisch ist, der mich belästigt oder der mich eine hässliche, lügende Hure nennt.

Wann haben Sie damit begonnen?
Ich weiss es nicht. Aber das Fluchen macht mich aus. Und jeder sollte fluchen, der es tun möchte. Deswegen habe ich auch den Hashtag #WhyIsayfuck initiiert. Viele Frauen haben ihre Erfahrungen auf Twitter geteilt. Das hat einen Grund. Wir Frauen sollen nicht fluchen. Wir werden immer dazu genötigt, nett und höflich zu sein. Und wissen Sie was? Fuck nett und höflich!

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