Blattkritik

«Der Alltag mit der Republik beginnt»

Verlegerin und Völkerrechtlerin Miriam Minder blickt in zwei Akten, mit Ouvertüre, Intermezzo und Epilog, auf die ersten fünfzehn Tage des digitalen Magazins zurück.

02.02.2018

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Ouvertüre

Es ist Sonntagabend und ich sitze im Bus, als ich begreife, dass die Republik online ist. Früher als erwartet. Sofort logge ich mich ein und beginne mit der Lektüre des Zuckerberg-Artikels – sogartig zieht Adrienne Fichter mich in ihre Geschichte rein. Irgendwann füllt sich der Bus, lesend klemme ich die Weinflasche zwischen die Füsse, zerre den sperrigen Blumenstrauss auf meinen Schoss. Ich bin mitten in der Geschichte drin, inspiriert erfahre ich Neues, obwohl ich doch schon viel über Facebook weiss. Plötzlich merke ich, dass meine Haltestelle längst vorbei ist. Zu dem Abendessen erscheine ich mit halbstündiger Verspätung. Und mit augenzwinkernder Werbung für die Republik.

1. Akt

Montagmorgen. Ich bin spät dran. Fische die NZZ aus dem Briefkasten und ab zur Bushaltestelle. Zwei Minuten zu früh. Auf dem Smartphone checke ich die E-Mails. Ah ja, die Republik. Aber ein Hintergrundartikel zur frühen Morgenstunde passt gerade nicht, lieber verschaffe ich mir einen Überblick über die Nachrichtenlage. Ich frage mich flüchtig, ob die Republik je ein NZZ-Abo überflüssig werden lässt, wie ich das insgeheim gehofft hatte. Das Rascheln der Zeitung, die Möglichkeit, hinter dem Papier zu verschwinden, als zöge ich noch einmal die Bettdecke weit über die Ohren. Das würde ich vermissen.

Mittagspause. Zeit für einen Republik-Artikel. Ich klicke auf den Link im E-Mail. Eigentlich schade, dass es für eine webbasierte Zeitung keine App gibt – sie böte einen unmittelbareren Zugang zu den Artikeln. Zudem thronte eine Republik-App neben der NZZ-App, der «Zeit»-App und der «New York Times»-App auf dem Smartphone-Menü. Vielleicht würde ich dann in den kurzen Zwischenphasen in meinem Tagesablauf eher an die Republik denken und die Artikel häppchenweise lesen, auch wenn ich nicht gerade das Zeitfenster einer Zugfahrt oder einer Kaffeepause zur Verfügung hätte.

Ein ruhiger Abend. Ich scrolle durch den Feed der Republik. Das Schöne ist: Alles, was hier geboten wird, interessiert mich. Und die Qualität der Artikel ist bestechend. Binswanger regt in gewohnter Manier zum Denken an, aber ich lese ihn jetzt unmittelbar, nicht erst, wenn meine Mutter mir ihre ausrangierten «Magazine» bringt. Constantin Seibts Artikel über die Demokratie unter Irrationalen ist eine Wucht. Nahr ist gewöhnungsbedürftig, aber sein Unterwegssein macht mich dennoch neugierig und die kurzen Features wecken Erinnerungen an eigene Aufbrüche, Fernweh und die Vergewisserungen der Heimat vorher und nachher. Die Republik inspiriert.

Intermezzo

An einem Geschäftsabend erzähle ich von einem Republik-Artikel. Mein Kollege kennt die Republik nicht, hat noch nie davon gehört. Ein seltenes Glück, von diesem nagelneuen, kostbaren Schatz zu erzählen. Ich schicke ihm den Facebook-Artikel. Funktioniert prima, das Weiterleiten von Links zu den Artikeln …

2. Akt

Der Alltag mit der Republik beginnt. Die Publikation bietet Weltthemen und Lokales, Politisches und etwas Feuilleton. Geht mit neuen Formen neue Wege. Das News-Problem freilich löst die Republik nicht, jedenfalls nicht von heute auf morgen. Auch deckt sie nicht die Bandbreite an Themen ab, die ich für meine Arbeit in der Aussenpolitik brauche. Aber für punktuelle Vertiefung liefert sie grossartigen Lesestoff. Auch wenn sich Schwerpunkte ausmachen lassen. Viel WEF und viel No Billag. Aber das macht nichts. Mein Verständnis dafür, dass die Vielfalt mit der Zeit wächst, ist gross.

Anregend, das ist die Republik in vielem. Weil ich irgendwie Zeit frei bekommen will für diese neue Publikation und weil ich mich so lange schon auf sie gefreut habe, denke ich schärfer denn je über meinen Medienkonsum nach. Und über meine Informationsbedürfnisse. Mit den Autorinnen und Autoren diskutieren? Das hat für mich bei der Allokation meiner Zeit, die ich im Wachzustand zur Verfügung habe, keine Priorität. Auch für die Entdeckung der wöchentlichen Justiz-Brennpunkte hat bislang die Zeit gefehlt. Ankündigungen von Enthüllungsartikeln, die dann irgendwann gepostet werden, lese ich lächelnd. Auch das wäre nicht nötig. Aber die Übersichten, was aus Sicht der Republik-Redaktion gerade wichtig ist, sind hilfreich. Wenn auch zusätzlich zur Weltpolitik etwas mehr Bundeshausthemen nützlich wären.

Epilog

Was steht nach fünfzehn Tagen Republik im Vordergrund? Drei Dinge: einmal etwas Stolz, dass eine Handvoll Leute in diesem Land den Mut und die Verwegenheit hatten, dieses Projekt zu starten. Dann viel Dankbarkeit, dass ich seit der ersten Stunde Teil dieser Republik sein darf. Und schliesslich ganz viel Vorfreude: auf das Leben in und mit dieser Republik. Auf eine Veränderung meiner morgendlichen Lesegewohnheiten. Auf das weitere Dasein als Verlegerin, auf allen Austausch und alle Anregung, Diskussion und Disputation, welche die Lektüre dieser Republik mit sich bringen wird.

Etwas bleibt: euch allen von ganzem Herzen zu danken. Mille mercis!

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