Morgenstimmung in Zug, wo viele russische Rohstoffhändler Niederlassungen haben. Lukas Maeder/13Photo

Öl ins Feuer

Finanziert Russland seinen Krieg gegen die Ukraine über den Schweizer Handelsplatz für Rohstoffe? Bund und Kantone wissen es nicht. Und sie wollen es nicht wissen.

Von Priscilla Imboden und Basil Schöni, 24.02.2023

Vorgelesen von Miriam Japp
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«Mr President, dear Wolodimir, do you hear me?» Es war ein emotionaler Auftritt von Ignazio Cassis im vergangenen März an der Anti-Kriegs-Demonstration auf dem Berner Bundesplatz. Der Bundes­präsident stand in direkter Video­verbindung mit dem ukrainischen Staatschef Selenski. Später schrieb Cassis auf Twitter: «Wir sind da, um gemäss unserer humanitären Tradition solidarisch beizustehen. Take care, my friend.»

Die Botschaft war klar: Die Schweizer Regierung stellt sich im Krieg auf die Seite der Ukraine. Sie gibt sich als Freundin des angegriffenen Landes. Sie betont ihre Tradition der humanitären Hilfe und organisiert eine Wiederaufbau-Konferenz. Und das Parlament führt eine aufwendige Debatte darüber, wie Schweizer Rüstungs­güter zumindest indirekt in die Ukraine gelangen können.

Doch das sind Nebenschauplätze.

Wo es um das ganz grosse Geld geht, schaut die Schweiz weg.

Bis zum Ausbruch des Ukraine-Kriegs verkaufte Russland Erdöl und Kohle über Schweizer Handels­firmen in die ganze Welt. Ob das Land diese Geschäfte weiterhin hier tätigt, weiss der Bundesrat ein Jahr später nicht. Ebenso wenig, ob die Vermögen, die russische Oligarchen in der Schweiz horten, restlos aufgespürt worden sind.

Ein Dokument der Schweizer Botschaft in Moskau aus dem Jahr 2021 beschreibt die engen wirtschaftlichen Bande zwischen der Schweiz und Russland. Und es enthält zwei brisante Aussagen: «Der Netto­transfer von privaten Steuer­residenten aus Russland in die Schweiz hat 2020 ein Fünfjahres­hoch erlebt.» Und: «Ungefähr 80 Prozent des russischen Rohstoff­handels erfolgt über die Schweizer Finanz­dienstleistungs­zentren Genf, Zug, Lugano und Zürich.»

Das ist eine hoch­explosive Feststellung, weil sich der russische Staat in erster Linie über den Export von Öl und Gas finanziert – auch während des Ukraine-Kriegs. Wickelt Moskau diese Geschäfte in Genf oder Zug ab, stellt sich die bange Frage: Werden die Raketen, die Russland auf die Ukraine schiesst, über die Schweiz finanziert?

Die Profiteure des Krieges

Der Rohstoff­handel ist in der Schweiz eine äusserst verschwiegene Branche. Die offizielle Schweiz weiss nicht einmal, wie gross der boomende Wirtschafts­zweig ist. Das Staats­sekretariat für Wirtschaft (Seco) verweist auf Zahlen des Bundesamtes für Statistik, die besagen, dass rund 940 Firmen in der Schweiz mit Rohstoffen handeln und dass diese rund 10’000 Personen beschäftigen. Der Bund hat vor knapp zehn Jahren eine inter­departementale «Plattform Rohstoffe» gegründet, die den Sektor beobachten soll. Gemäss ihrem letzten Bericht von 2018 steuert der Rohstoff­handel 2017 3,8 Prozent zum Bruttoinland­produkt (BIP) bei.

Diese Zahl dürfte aber längstens überholt sein.

Bereits vor Kriegsbeginn wuchsen die Gewinne der Rohstoff­konzerne gewaltig an, wie die Nichtregierungs­organisation Public Eye anhand von öffentlich zugänglichen Dokumenten der börsen­kotierten Handels­firmen und dank eigener Recherchen analysiert hat. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine explodierten die Einnahmen regelrecht, getrieben von den weltweit steigenden Energie­preisen. So verzeichneten die drei umsatz­stärksten Rohstoff­händler Glencore, Vitol und Trafigura so hohe Gewinne wie nie zuvor.

Die Rohstoff­händler gehören zu den Profiteuren des Krieges.

Und die Schweiz profitiert mit.

Schliesslich hat der Schweizer Rohstoff­handel in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Public Eye kommt zum Schluss, dass die verschwiegenen Handels­firmen in Zug, Genf, Lugano und Zürich mittlerweile 8 Prozent der Schweizer Wirtschafts­leistung ausmachen. Dieser Anteil ist grösser als derjenige der Banken. In der Schweiz ist also ein Geschäft gewachsen, das äusserst rentabel ist – mit enormen geopolitischen Risiken.

«Supermarkt für russische Kohle»

Laut Public Eye haben acht der neun grössten russischen Kohle­förderer einen Ableger in der Schweiz. 75 Prozent des Handels mit russischer Kohle liefen bis zum Krieg über die Schweiz, wie die NGO schätzt. Der Kanton Zug sei in den letzten Jahren regelrecht zum «Supermarkt für russische Kohle» geworden. Die Tochter­firmen der russischen Bergbau­unternehmen in der Schweiz tragen Namen wie Suek AG, MIR Trade AG oder East Metals AG.

Seit die Schweiz Ende April des letzten Jahres den Kauf russischer Kohle und alle damit verbundenen Dienst­leistungen verboten hat, ist ihr Geschäfts­feld zusammengebrochen. Eigentlich.

Aber die Firmen sind noch immer da.

Was machen sie jetzt? Die Republik hat versucht, die acht in der Schweiz ansässigen russischen Kohle­förderer zu kontaktieren. Mit wenig Erfolg: Nur von sieben finden sich überhaupt Kontakt­angaben. Davon ist eine Nummer ungültig, bei einer klingelt man ins Leere, bei einer weiteren ertönt ein dauerhaftes Besetzt­zeichen. Bei zwei Ablegern geht eine Person einer Treuhand­firma ans Telefon, wovon uns eine ausrichtet, dass die Zuständige bis Ende Monat nicht erreichbar sei. Sonst könne niemand Auskunft geben. Die andere Treuhänderin verspricht, zurückzurufen. Was sie allerdings nie macht.

Nur zwei der Kohleförderer – die Suek AG und die MIR Trade AG – erreichen wir. Sie bitten uns, die Fragen per E-Mail zu schicken. Die Suek AG antwortet darauf, dass sie in der Schweiz seit den Sanktionen keinen Handel mehr treibe. Bei der MIR Trade AG heisst es, man halte sich strikt an die Sanktionen der Schweiz und der EU und erziele daher auch keinen Umsatz mehr mit russischer Kohle. Da das die Haupt­tätigkeit gewesen sei, wolle man nun neue Geschäfts­felder erschliessen. Ein Wegzug aus der Schweiz sei nicht geplant.

Stimmen die Aussagen der russischen Kohle­unternehmen? Oder könnte es sein, dass diese ihre Geschäfte in der Schweiz – trotz der Sanktionen – weiter betreiben? Offenbar überprüft das niemand. Auch der Bund nicht.

Blinde Aufsicht

Verantwortlich für die Umsetzung der Sanktionen in der Schweiz ist das Staats­sekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Republik hat die Behörde gefragt, wie viele russische Kohlebergbau-Firmen Nieder­lassungen in der Schweiz unter­hielten und ob diese ihre sanktionierten Aktivitäten im vergangenen Jahr aufgegeben hätten oder nicht. Die Antwort lässt aufhorchen: «Das Seco hat hierzu keine Informationen.»

Nicht anders präsentiert sich die Lage, wenn es um den Handel mit russischem Erdöl über die Rohstoff­drehscheibe Schweiz geht.

Gemäss der Verordnung über Sanktionen gegenüber Russland ist der physische Import von russischem Öl in die Schweiz verboten. Der Handel damit ist aber weiter erlaubt, solange das Öl weniger als 60 Dollar pro Fass kostet. Diesen Betrag haben die G-7-Staaten als Preis­obergrenze für Erdöl aus Russland festgelegt. Damit soll verhindert werden, dass Moskau von den hohen Markt­preisen profitiert. Auf ein vollständiges Embargo verzichteten die G-7-Staaten – aus Angst davor, dass der Ölpreis durch die Decke gehen würde.

Zentrum des Handels mit russischem Öl ist Genf. Gemäss einem Bericht der interdepartementalen Plattform Rohstoffe des Bundes von 2013 liefen damals rund 75 Prozent des Handels mit russischem Erdöl über die Rhone­stadt. Die staatliche russische Ölförder­firma Rosneft hat dort eine Niederlassung. Eine weitere russische Firma, Lukoil, handelt ebenfalls mit ihrer Zweigstelle namens Litasco Öl über die Schweiz. Und die Genfer Rohstoff­handelsfirma Gunvor wurde vom Oligarchen Gennadi Timtschenko gegründet, einem engen Vertrauten Putins. Da die USA Timtschenko wegen der Krim-Invasion sanktioniert hatten, verkaufte er seinen Anteil an der Firma einem schwedischen Geschäfts­freund.

Auch hier stellt sich die Frage: Läuft der Handel mit russischem Öl über die Schweiz trotz des Ukraine-Kriegs weiter? Und wenn ja: Halten sich die Händler an die Preis­obergrenze für das Öl?

Die Zweig­niederlassungen der russischen Ölkonzerne beantworten keine Anfragen der Republik.

Andere Konzerne wie Glencore, Trafigura und Vitol handelten bis zum Kriegs­ausbruch mit Öl aus Russland. Seither erklären sie, sie würden kein neues Öl aus Russland erwerben und entsprechende Langfrist­verträge auslaufen lassen. Trafigura schreibt, der Konzern habe seit Mai letzten Jahres «kein russisches Rohöl mehr gekauft». Die Firma Vitol – eine der grössten Rohstoff­handelsfirmen weltweit, die ebenfalls in Genf domiziliert ist – wurde kürzlich beschuldigt, über einen Umweg russisches Erdöl gehandelt zu haben. Das bestreitet die Firma.

Was weiss das Seco darüber?

Nichts.

Oder in den Worten der Behörde: «Wir haben keine Daten zum Transit­handel der Rohstoff­händler.»

Das sei sehr problematisch, sagt Elisabeth Bürgi Bonanomi vom Zentrum für Umwelt und Entwicklung der Universität Bern. Sie leitet ein Forschungs­projekt zum Rohstoff­handel in der Schweiz und stellt fest: «Kein einziges Rohstoff­handels­geschäft wird registriert. Weil man so wenig weiss, ist es schwierig bis unmöglich, zu gewährleisten, dass die Sanktionen eingehalten werden.»

Die mangelnde Transparenz, die dazu führt, dass die Behörden im Dunkeln tappen, ist kein Zufall: Sie ist politisch gewollt.

Alle Vorstösse, Daten über den Rohstoff­handel in der Schweiz zu sammeln, wurden in den letzten fünfzehn Jahren vom Parlament abgelehnt. Sie stammten vornehmlich von der SP und den Grünen, vereinzelt auch von den Grünliberalen und der EVP. Auch der Bundesrat sah keinen Handlungs­bedarf und vertröstete das Parlament mit dem Verweis darauf, dass in der EU und den USA entsprechende Regelungen geplant seien. Widerstand gegen das Sammeln von Daten zum Rohstoff­handel regte sich auch in den Kantonen.

Mit anderen Worten: Die Schweiz wollte während Jahren nichts tun. Das wurde dem Bundesrat offenbar etwas peinlich. Letzten Sommer kündigte er an, die Statistik zum Schweizer Rohstoffhandel «zu verfeinern». Bis das umgesetzt ist, dürften aber noch Jahre ins Land gehen.

Einzelne Politikerinnen nehmen den Ball jetzt wieder auf und versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Die grüne National­rätin Franziska Ryser hat angekündigt, am kommenden Montag eine parlamentarische Initiative einzureichen, die die Einführung einer Rohstoffmarkt-Aufsicht verlangt. Auch diese Forderung hat der Bundesrat bisher abgelehnt – zuletzt im vergangenen Mai mit dem Argument, eine Aufsicht sei nicht nötig, der bestehende gesetzliche Rahmen trage «den Risiken insgesamt angemessen Rechnung».

Steuergeschenke für Rohstoff­firmen

Die Schweiz will Rohstoff­konzerne also nicht zu hart anfassen. Das zeigt auch ihre Haltung zur sogenannten windfall tax, einer zusätzlichen Besteuerung von stark steigenden Konzern­gewinnen, wie sie beispiels­weise durch den Ukraine-Krieg verursacht werden. Andere Länder haben eine solche Übergewinn­steuer bereits eingeführt.

Balthasar Glättli, Präsident der Grünen, hatte eine entsprechende parlamentarische Initiative eingereicht. Eine Woche nach ihm forderte überraschend auch SVP-Nationalrat Lukas Reimann, sogenannte Übergewinne der Ölhändler zusätzlich zu besteuern. «In Zeiten hoher Inflation und steigender Leit­zinsen, aber auch globaler Erwärmung und Klima­krisen schwimmt ausgerechnet der Öl- und Rohstoff­sektor im Geld», schreibt Reimann der Republik.

Der Bundesrat lehnt aber all diese Vorstösse ab. Es stellten sich «Fragen nach allfälligen negativen Effekten auf die Rechts- und Planungs­sicherheit sowie insbesondere auf künftige Investitions­anreize», schreibt er in einer Stellungnahme vom letzten November. Kein Wunder, denn seine Pläne zielen genau in die entgegen­gesetzte Richtung: Er möchte die Rohstoff­handels­firmen steuerlich entlasten. Das Mittel dazu ist die sogenannte Tonnage­steuer. Sie erlaubt den Firmen, Steuern gemäss der Lade­kapazität ihrer Fracht­schiffe und nicht gemäss der Unternehmens­gewinne zu zahlen. Diese Massnahme, die im Dezember vom Nationalrat angenommen wurde, stammt de facto aus der Feder des Verbandes der Rohstoff­händler.

Oligarchengelder: Wer nicht sucht, der findet nicht

Die Schweiz ist auch eine wichtige Destination für reiche Russinnen, die ihr Geld im Ausland horten. Von einer «Liebes­beziehung» sprach SRF in einem Dokfilm zum Thema. Mit 7,5 Milliarden Franken hat die Schweiz allerdings nur einen kleinen Teil der rund 150 Milliarden Franken an russischen Vermögen eingefroren, die laut Angaben der Bankier­vereinigung auf Schweizer Konten liegen.

Dieser Betrag umfasst lediglich Bares und Wertschriften­depots. Nicht eingerechnet in die Schätzung sind laut Bankier­vereinigung «Immobilien, Beteiligungen an nicht kotierten Unternehmen, Kunst, Fahrzeuge und Schiffe». Der tatsächliche Wert an russischen Vermögen in der Schweiz dürfte also noch deutlich höher liegen.

Ein Grund für die Differenz: Oligarchen­gelder werden nur blockiert, wenn die Banken sie melden. Die Schweiz sucht nicht aktiv danach, dazu fehle die Rechts­grundlage, teilt das Staats­sekretariat für Wirtschaft (Seco) mit. Es könne lediglich bei Verdacht auf Verstösse gegen die Sanktionen bei den Finanz­instituten vorstellig werden. Das sei seit Verhängung der Sanktionen «rund ein Dutzend Mal» geschehen.

Trotzdem stemmt sich der Bundesrat gegen Forderungen nach einer «Taskforce» zur Aufdeckung von Vermögens­werten russischer Oligarchen. Eine solche sei nicht nötig, antwortete er auf entsprechende Vorstösse der SP und der Grünen. Die Regierung gibt sich «überzeugt, dass die Prozesse zwischen den Bundes­behörden und privaten Unternehmen in der Schweiz gut eingespielt und effizient sind».

Diese Argumentation überzeugte den Nationalrat allerdings nicht. Er stimmte im letzten Dezember der Forderung nach einer Taskforce zu, und zwar mit Stimmen der SP, der Grünen und der Mitte. Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy sagt dazu: «Es ist für mich unverständlich, dass der Bundesrat bis jetzt keine Taskforce eingesetzt hat, wie das Deutschland und die USA getan haben. Stattdessen hat er bei den Kantonen und im Ständerat dagegen lobbyiert, sodass die Idee dort keine Chance hatte.» Die Diskussion sei aber nicht zu Ende, findet Bregy.

Der Widerstand der Anwälte

Kurz angebunden wird Anwalt Bregy, wenn es um die Frage geht, ob Anwälte, die für sanktionierte Oligarchen Firmen­konstrukte einrichten, ihre Tätigkeit dem Seco melden müssen. «Die Frage der Berater stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Gesetzlich ist geregelt, dass wer als Berater Geld ‹berührt›, als Finanz­intermediär gilt und dadurch meldepflichtig wird. Nicht umfasst hiervon sind reine Beratungs­tätigkeiten, da hier ein direkter Bezug zum Geld fehlt.»

So einfach ist das aber nicht. Es ist nämlich unklar, ob es eine Anwältin melden muss, wenn sie zum Beispiel einem russischen Oligarchen geholfen hat, der – kurz bevor er auf eine Sanktions­liste gesetzt wurde – seine Firma einem Mittels­mann überschrieben hat. Über diese nicht unwesentliche Frage streiten sich die Bundes­verwaltung und der Schweizerische Anwalts­verband seit Beginn des Krieges. Das Seco sagt zur Frage, ob Anwälte melden müssen, wenn sie Personen auf der Sanktions­liste beraten: «Im Rahmen dieser Tätigkeiten sind aus unserer Sicht Anwälte verpflichtet, Meldungen vorzunehmen. Abschliessend kann diese Frage jedoch nur durch die Gerichte geklärt werden.» Dass es je zu einem Gerichts­fall kommt, der die Frage der Melde­pflicht für Anwälte klärt, ist allerdings höchst unwahrscheinlich – weil gar nicht klar ist, in welchem Fall jemand klagen sollte.

René Rall vom Schweizerischen Anwalts­verband hält fest, sein Verband befürworte die Sanktionen gegenüber Russland. Aber er sagt auch: «Meldepflicht heisst, Klienten zu verraten und Informationen, die sie der Anwältin, dem Anwalt unter dem Schutz des Anwalts­geheimnisses anvertraut haben oder die in der Beratungs­tätigkeit in Erfahrung gebracht wurden, staatlichen Stellen offenzulegen. Das ist im Grundsatz mit dem keineswegs nur in der Schweiz verfassungs­rechtlich geschützten Berufs­geheimnis der Anwaltschaft unverträglich. Diese Vertraulichkeit ist notwendig, um den für alle geltenden ungehinderten Zugang zum Recht möglich zu machen.»

Der Druck auf die Schweiz erhöht sich

Wie geht es weiter? Der US-Botschafter Scott Miller sagte dazu kürzlich an einem Medien­anlass in Bern: «Russische Vermögens­werte ausfindig zu machen und zu sperren, ist ein Thema, das wir in diesem Jahr mit der Schweiz anschauen möchten. Wir hoffen auch, dass die Schweiz einen Weg finden wird, um solche Vermögen einzuziehen – obwohl das eine länger­fristige Diskussion ist.»

Im Gegensatz dazu teilte der Bundesrat letzte Woche mit, es sei verfassungs­widrig, private russische Vermögens­werte einzuziehen. Gleichzeitig hat er «die Absicht bekräftigt, die Ukraine weiterhin zu unterstützen».

Was schrieb Ignazio Cassis im letzten März auf Twitter? «Wir sind da, um gemäss unserer humanitären Tradition solidarisch beizustehen. Take care, my friend.»

Doch sogar bei den Hilfs­geldern an die Ukraine erweist sich die Schweiz als knausrig. Im Vergleich zu anderen Ländern liegt sie mit ihrer Unterstützung auf den hinteren Rängen.

Immerhin hat der Bundesrat diese Woche beschlossen, die Hilfs­gelder an die Ukraine zu verdoppeln – als kleine Geste zum Jahrestag des russischen Angriffskriegs.

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